Ein neuer Lehrplan
Das neue Rechnen: Wer teilt, vervielfältigt; weniger ist mehr.
Und Fremdsprachen: aber nicht als Vokabel von Fremden,
sondern als Sprache von Menschen.
Eine neue Grammatik:
in der die Hauptwörter nicht mehr so wichtig genommen werden,
sondern die kleinen Wörter: vielleicht, trotzdem, dennoch.
Und die kleinen, hilflosen Fragewörter, die sich nicht auskennen:
wer, wie was, warum;
die Befehlsform abgeschafft, dafür:
eine Sprache des Mitleidens und des Mitlachens.
Und eine neue Geografie:
mit anderen Karten, wo die Orte der Hoffnung die Hauptstädte sind:
Bethlehem, Kana, Emmaus, Subiaco, Assisi.
Und jene kleinen Dörfer der Berge und Täler, wo die Schüler zu Hause sind.
Und eine neue Geschichte:
die für die eigenen Verletzungen ein kurzes Gedächtnis hat,
gegen das Unrecht in der Welt aber einen langen Zorn.
Eine neue Musik auch:
wie einmal ein Mädchen in Nazareth ein Lied gesungen hat,
Worte, alte und neue: aber gesungen mit eigener Seele.
Joop Roeland: „Die Stimme eines dünnen Schweigens“